Die deutsche Sackgasse – und was nach ihr kommt
Politik in Deutschland und anderen westlichen Demokratien erinnert mehr und mehr an einen großangelegten Dunning-Kruger-Effekt. Während für jedermann – Bürger und Politiker – bestehende Defizite glasklar erkennbar sind, tut sich ein Abgrund auf zwischen eben jener Erkenntnis, den Sonntagsphrasen, den Lippenbekenntnissen von Politikern aller Couleur auf der einen Seite – und den Resultaten auf der anderen Seite, die sich in der schlichten Feststellung zusammenfassen lässt: Nichts. Es tut sich nichts, außer jeweils in der Verfestigung von Strukturen, die uns täglich ein bisschen näher an den Verlust des letzten Restes von Manövrierfähigkeit bringen, wirtschaftlich, gesellschaftlich und in vielerlei anderer Hinsicht.
Immer weniger Menschen bringen noch die Kraft auf, die verschiedenen Missstände zu benennen und Reformen sowie ein Umdenken zu fordern. Zu erschöpft fühlen sich weite Teile der zivilgesellschaftlich engagierten Bürger. Bildungsnotstand; katastrophale und aus zynischem Machiavellismus heraus getroffene Fehlentscheidungen in der Energiepolitik; eine nicht minder zynische Rechtfertigungslyrik in Sachen Migration, die echte Schutzbedürftige zurücklässt und überwiegend Wirtschaftsflüchtlinge anzieht, die zu großen Teilen Deutschland keinen Vorteil bringen, durch ihren Weggang aber einen (Wieder-)Aufbau ihrer Heimatländer erschweren; eine ins Groteske übersteigerte, sich immer weiter selbst beschleunigende Bürokratie; eine Abgabenlast, die sich bei realistischer Netto-Betrachtung längst im Bereich der Enteignung bewegt; ein durch keinerlei Wahlen legitimiertes Schatten-Reich aus sogenannten NGOs, die in Wirklichkeit nicht, wie ihr Name suggeriert, un-staatlich sind, sondern tatsächlich durch ihre Staatsfinanziertheit sogar noch weiter zur erdrückenden Belastung für steuerzahlende Bürger beitragen, deren Lebensweise ebendiese NGOs oft genug auch noch bekämpfen; und last but not least ein Sozial- und Gesundheitssystem, die beide als blaue Pille fungieren, deren Wirkung genau dann nachlassen wird, sobald der Gesellschaft dieses System um die Ohren fliegt wie die 5-Jahres-Pläne des komplett realitätsverweigernden „realen Sozialismus“ von vor einer Menschheitsgeneration.
Den ÖRR in seiner ganzen passiv-aggressiven Mikromanipulation und seinem vorauseilenden Gehorsam gegenüber einer gut geschmierten – und gut bezahlte Pöstchen verteilenden – Links-Woken-Meinungsmaschine haben wir vergessen. Das Thema der inneren Sicherheit haben wir vergessen, von dem Politiker Bürgern anhand systemisch falscher Statistiken weismachen wollen, dieses Thema existiere gar nicht und alles, was sie in deutschen Innenstädten sähen, sei nichts weiter als „Empfindung“. Infrastruktur, bei der man die Dysfunktionalität des Schienenwesens mittlerweile längst achselzuckend als Normalzustand akzeptiert hat, während gleichzeitig noch vor kurzem Politiker in ihrer Blase davon fantasieren durften, man solle innerdeutsche Flüge am besten verbieten.
Wer eine Online-Befragung von Bürgern durchführen wollte, welche staatsgemachten und -geduldeten Missstände sie in ihrem täglichen Leben beeinträchtigen, würde man der Unüberschaubarkeit der Antworten vermutlich nicht mehr Herr werden.
Was aber, wenn wir bis zu einem gewissen Grad eben auch alle Deutschland sind? Wenn wir alle in einem Mindset durch die Welt wandeln, aus dem heraus wir bequeme Brillanz entwickelt haben in der Fähigkeit, auf die Missstände mit dem Finger zu zeigen. Aber zu wenig Enthusiasmus an den Tag legen, wenn es darum geht, Konzepte zu entwerfen, mit denen wir Probleme anpacken können. Es gibt sie, die Vordenker, die Mutigen, die nicht schweigen und die Dinge zum Besseren verändern wollen. Es gibt erste Denkfabriken, die bestehende Strukturen durchbrechen und den Status-quo-Erhalt in Frage stellen wollen. Wandel allerdings ist eine Aufgabe der gesamten Zivilgesellschaft.
Inzwischen pfeifen Spatzen von den Dächern (und Politiker in die Kameras), dass wir uns auf „härtere“ Zeiten einstellen müssen. Eine Kurskorrektur, das ist inzwischen auch bei den Status-quo-Bewahrern angekommen, ist unausweichlich und sie wird teuer und für viele schmerzhaft werden. Manche wollen das nicht wahrhaben, und genau das ist eine vertane Chance.
Die guten alten Zeiten werden oft beschworen, in denen es noch valide Aufstiegsversprechen gab, die man Wirklichkeit werden lassen konnte, wenn man sich eben auch ein bisschen ins Zeug legte. Auch, wenn „damals“, in den 70er-, 80er-, 90er-Jahren weder alles Gold war, was glänzte, und zwischenmenschliche Umgangsformen nicht unbedingt uniform zivilisierter waren als im Jetzt – ja, der Befund, dass die Gen Z es deutlich schwerer haben wird als die letzten beiden Generationen vor ihr, ist durchaus zutreffend. Aber wieviel genau? Auch schwerer als die Nachkriegsgeneration?
Wir alle sind, bei allen existierenden sozialen Problemen, noch immer kraft unseres Grundgesetzes der Souverän unseres Landes. Und wir können abstimmen, täglich durch den aktiven Gebrauch unserer Freiheit. Wir können die Legitimität öffentlich-rechtlicher Meinungsbeeinflussung in Frage stellen, indem wir konsequent hinterfragen, welche Formate wir dort überhaupt konsumieren wollen – und offensichtlich mit linkem Spin aufgeladene Aktivistenproduktionen meiden und ihnen somit ihr wichtigstes Gut entziehen, die Rechtfertigung durch Zuschauerzahlen. Wir können in den Schulen unserer Kinder mit Verweis auf das Kindeswohl darauf drängen, dass nicht altersgerechte und unangemessene Geschlechtererziehung unterbleibt und damit einem der zentralen links-woken Steckenpferden, der Aberziehung angeblicher „Rollenklischees“, die Grenze aufzeigen.
Verbraucher können über ihr Konsumverhalten Firmen die rote Karte zeigen, die Kunden mit rein verbaler Symbolanbiederung hinters ideologische Licht führen wollen, in Wirklichkeit aber wohlweislich rein klassisch gewinnorientiert arbeiten und – verständlicherweise – selbst nicht glauben, was sie sagen.
Der Untergang in die wohlverdiente Bedeutungslosigkeit der infantilen Fridays-for-Future-Bewegung, der sogenannten Letzten Generation und anderer Regenbogen-„NGOs“, die Reaktion von Verbrauchern auf eine Kooperation der Biermarke Bud Light mit einer grotesk-schrillen LGBTQI+-Influencerin in den USA, die dem Bierhersteller schließlich einen Rückgang seines Aktienkurses in zweistelliger Höhe bescherte – dies sind Beispiele dafür, dass es Hebel und Wirkmechanismen gibt, mit denen die Zivilgesellschaft ihren Beitrag leisten kann, das subtile Beeinflussungsmodell (und das damit untrennbar verbundene Geschäftsmodell) der „woken“ Agenda auf seinen wohlverdienten Platz im Regal der gescheiterten Utopien zu verbannen.
Und niemand muss deswegen Mitleid haben. Wie auch schon der „real existierende Sozialismus“ ist auch „Woke“ nichts anderes als ein letztlich verlogener Durchlauferhitzer aus ideologisierter Erziehung, andeutungsgeladenen Medien und staatsfinanzierter Kunst, in der es am Ende doch nur darum geht, dass zwar alle gleich, einige wenige aber eben gleicher sind, ganz im Sinne der berühmtgewordenen Letzte-Generation-Aktivisten, die nach Straßenblockaden-Feierabend schnurstracks den nächsten Party-Flieger nach Bali bestiegen.
Und dennoch, bei aller Konsequenz in unserem Dasein als Eltern, Verbraucher, Wähler, Bürger, um unserer Präferenz nach einem wieder reparierten Deutschland Ausdruck zu verleihen – die mächtigste Zauberformel wird sein, im Gespräch zu bleiben, in der Familie, im Kollegenkreis, in Vereinen. Keine Risse zuzulassen, die einer Ideologie nutzen, der das Individuum suspekt ist. Die Polarisierung zu überwinden und Argumente anzuhören, sie zu gewichten und sachlich darauf zu antworten. Bei aller Versuchung, aus Resignation zynisch zu werden, eben doch den Respekt vor dem Gegenüber zu bewahren, kurz: die Fackel der Aufklärung, die um Argumente und Einsicht ringt, hochzuhalten.
Vieles wird auch an der Deutungshoheit über Begriffe hängen. Wir können es schaffen. Und es wird anstrengend werden.
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