Deutschland, der Islam und die Novemberpogrome – eine erschreckende Bilanz
Christian Wulff tat es. Und Frank-Walter Steinmeier hat es wieder getan. In Steinmeiers Rede zu mehrfachen historischen Ereignissen in Deutschland, die auf einen 9. November fielen, scheint er geradezu die Weltfremdheit eines Bundespräsidenten zu zelebrieren, dessen Eindrücke von der Wirklichkeit sich auf Parteitage, Einweihungsfeiern und die obligatorischen Abendempfänge in Schloss Bellevue beschränken.
Mit den Reden von Bundespräsidenten zu deutschen Gedenktagen ist es immer so eine Sache. Sie sollen staatstragende Wirkung entfalten und dem Amt des höchsten Staatsrepräsentanten entsprechend die Gesellschaft versuchen zu einen, statt sie zu polarisieren. Wo ein Kanzler kraft seines Tagesgeschäftes nicht anders kann, als kontroverse Feststellungen zu tätigen – wie etwa Friedrich Merz mit seiner zutreffenden und doch ziemlich ungelenken „Stadtbild“-Aussage – erwarten viele vom Bundespräsidenten mittlerweile schon gar nichts mehr. Außer höchstens einige pastorale Phrasen am Tag der deutschen Einheit oder zum Gedenken an die Reichspogromnacht. Angemessen formuliert und letztlich ohne Wirkung.
Manche Reden gehen aber auch in die Geschichte ein als flagrante Beispiele vollständiger Realitätsverweigerung oder rücksichtsloser Lebenslügen auf Kosten der Allgemeinheit. Christian Wulffs Aussage zum 20. Jahrestag der deutschen Einheit am 3. Oktober 2010, der Islam gehöre zu Deutschland, war nicht etwa – wie Jahre zuvor Wolfgang Schäubles ähnlich klingender Befund anhand schlichter demografischer Daten – eine Tatsachenfeststellung. Vielmehr war der Satz eingebettet in eine rosig ausgemalte Vision eines Deutschlands, das beseelt von seiner eigenen Zugewandtheit und Vielfalt einer weitgehend spannungsfreien gesellschaftlichen Zukunft entgegensegelt.
Fast forward, nur 15 Jahre später: Wulffs Herbstmärchen hat das Land ebenso eiskalt eingeholt wie der unselige Spruch Angela Merkels, wir würden es angeblich schaffen. Während das Land an den Auswirkungen einer vermeintlich „vielfältigen“, „bunten“ Gesellschaft laboriert, in der Weihnachtsmärkte mit Pollern geschützt, Messerverbotszonen eingerichtet und die Taschen von Oktoberfestbesuchern kontrolliert werden müssen, richtet sich das Augenmerk des medial-politischen Komplexes hauptsächlich auf den Erhalt ihrer Macht und ihrer Deutungshoheit.
Als nach dem ersten Aufblitzen der kulturell neu „ausgehandelten“ Realitäten, etwa nach den massenhaften Übergriffen gegen Frauen durch arabische Migranten an Silvester 2015, die Angst der „Unsere Demokratie“-Elite aufkeimte, politische Macht könne vielleicht doch kein Dauerabo sein, jedenfalls nicht, wenn man konsequent am Volk vorbeiregiert, wurde die Strategie der Brandmauer ersonnen. Eine trügerische Hoffnung, man müsse nur einfach Menschen, die ihrem Wunsch nach einer anderen Politik an der Wahlurne Ausdruck verliehen, ausgrenzen, und schon würde sich nach kurzer Zeit das Problem mit den Störenfrieden, die den Finger in die Wunde einer sich komplett vom Volk entfernenden Politik legten, quasi wie von selbst erledigen. Geisterbeschwörung statt Sachpolitik. Die Strategie ging bekanntlich nicht auf.
Was aber den Bundespräsidenten nicht daran hindert, die sinnlose Taktik weiterzuverfolgen, auch um den Preis rigoroser Ausblendung der Realitäten. Steinmeier spricht davon, die Demokratie sei angeblich von rechts gefährdet und versucht, einen historischen Bogen zu spannen, nämlich von der Partei, die laut Umfragen derzeit von circa einem Viertel der Wahlberechtigten gewählt werden würde und deren Namen er nicht wagt auszusprechen, hin zu den entsetzlichen Ereignissen der Reichspogromnacht und der Verfolgung der Juden im Dritten Reich. Zur selben Zeit, zu der Steinmeier diese Rede hält, stürmen pro-palästinensische Israel-Hasser das Gebäude des ZDF in Berlin, einen Tag später das Gebäude der Technischen Universität München.
An deutschen Unis werden von islamistischen Muslimverbänden Vorlesungen abgehalten, in denen Frauen und Männer getrennt voneinander sitzen und den Hörsaal durch getrennte Türen betreten müssen. Während gleichzeitig die muslimische Poetry-Slammerin Ayse Irem beklagt, sie könne angeblich der deutschen Gesellschaft nie „weiß genug“ sein, eben jener deutschen Gesellschaft, in das seit 2015, wie die Publikation Cicero treffend anmerkt, mehr Muslime einwanderten als in jedes andere Land weltweit. Ayse Irem, das nur als Hintergrundinformation, gehört dem Netzwerk „I,Slam“ an, das wiederum intensive Kontakte zur Antidiskriminierungsbeauftragten Ferda Ataman pflegt und wiederholt durch antisemitische und israelfeindliche Kommentare ihrer Mitglieder auffiel.
Und Frank-Walter Steinmeier beklagt die Gefährdung von Freiheit und Demokratie in Deutschland von rechts.
107 Jahre nach der Ausrufung der ersten deutschen Republik steht seiner Aussage nach unsere liberale Demokratie unter Druck. Und weiter: „Populisten und Extremisten verhöhnen die demokratischen Institutionen, vergiften unsere Debatten und betreiben das Geschäft mit der Angst.“ Um dann den Gedanken anzuschließen, das Drehbuch der Antidemokraten gehe mühelos auf und was wir dem entgegenzusetzen hätten.
Nichts, muss man antworten. Wir haben den Horden von Islamisten, die ungestraft durch deutsche Innenstädte ziehen und die Ausrufung des Kalifats fordern können, offensichtlich nichts entgegenzusetzen. Sie fühlen sich sicher in der dysfunktionalen deutschen Selbstbespiegelung, aus der heraus dieses Land es nicht mehr schafft, seine eigenen Werte gegen eine Dynamik der islamischen Gegenaufklärung zu verteidigen.
Aus Steinmeiers Sicht ist 87 Jahre nach den Nazi-Pogromen gegen Juden der Antisemitismus nicht etwa zurück, sondern immer dagewesen. Er komme von rechts, von links, aus der Mitte, es gebe ihn unter muslimischen Einwanderern.
Nein, Herr Steinmeier, der Antisemitismus kommt nicht genauso von rechts. Er kommt nahezu ausschließlich aus dem Milieu islamischer Migranten und der links-woken Antifa, die nicht müde wird, sich stolz auf öffentlichen Kundgebungen mitten in Deutschland mit dem Palituch zu zeigen und mit Parolen wie „From the river to the sea“ die Auslöschung Israels, und damit auch implizit aller Juden, zu fordern. Aber selbst, wenn sich der Amtssitz des Bundespräsidenten in Berlin befindet, dürfte man richtig liegen mit der Annahme, dass Frank-Walter Steinmeier in den letzten Jahren kein einziges Mal die Sonnenallee in Berlin entlanggegangen ist, einen der vielen Orte, an dem Menschen besser keine Kippa tragen sollten.
Steinmeier fragt weiter, ob der von ihm gemeinte politische Gegner – der aus seiner Sicht natürlich nur rechts verortet werden kann und am besten verboten gehört – die politische Freiheit und die Integrität und Geltung demokratischer Wahlen respektiert.
Prima, dass Steinmeier auf diesen Aspekt zu sprechen kommt. Unvergessen zum Beispiel die Einflussnahme Angela Merkels im Februar 2020, um die demokratisch erfolgte Wahl eines ihr missliebigen Ministerpräsidenten rückgängig zu machen, selbst wenn einer Bundeskanzlerin in einem demokratischen Rechtsstaat ein solches Recht gar nicht zusteht.
Man könnte sich endlos weiter Steinmeiers Rede um die Ohren schlagen und sich die Augen reiben angesichts der Verblendung eines Bundespräsidenten, der offensichtlich von einem anderen Land spricht als demjenigen, dessen Repräsentant er ist.
Eine der Hauptursachen für Frust und Resignation in der Gesellschaft ist, dass bei allen zutreffenden Ist-Analysen über die Missstände in unserem Land – und derer gibt es mehr als genug – sich immer weiter das Gefühl ausbreitet, dass diese nicht gehört werden. Jedenfalls nicht von den Verantwortlichen, die die Aufgabe haben, sich um die Beseitigung der eklatanten Probleme zu kümmern. Unkontrollierte Migration, Energie, Wirtschaft, Bildung, Infrastruktur, außenpolitischer Bedeutungsverlust. Um nur einige zu nennen.
Steinmeiers Rede wirkt wie ein Empörungs-Katalysator bei allen, die seit nunmehr einem ganzen Jahrzehnt darauf warten, dass politische Rhetorik und das Benennen realer Probleme endlich wieder zusammenfinden, denn die erste Voraussetzung, damit Deutschland einen Weg aus seiner misslichen Lage findet, ist Ehrlichkeit. Auch von Politikern.
Der Bundespräsident hat seinem Land mit dieser Rede keinen Gefallen getan.
Kommentare ()