Bad Salzuflen: Stadtrat will AfD-Vize-Bürgermeisterin absetzen

Bad Salzuflen: Stadtrat will AfD-Vize-Bürgermeisterin absetzen

Zwei Wochen nach der Wahl von Sabine Reinknecht (AfD) zur 3. stellvertretenden Bürgermeisterin von Bad Salzuflen steht bereits ihre Abwahl auf der Tagesordnung. Alle Fraktionen außer der AfD haben einen gemeinsamen Abwahlantrag eingebracht; die Abstimmung ist für Mittwoch angesetzt. Parallel kündigten die Fraktionen an, die Zahl der Stellvertretungen von drei auf zwei zu reduzieren – ein Schritt, der eine Wiederwahl Reinknechts faktisch verhindern würde. (Focus)

Am 5. November hatte Reinknecht die Listenwahl überraschend gewonnen – sie erhielt 16 Stimmen, drei mehr, als die AfD im Rat Sitze hat. Das deutet auf abweichendes Abstimmungsverhalten anderer Ratsmitglieder hin. Die Wahl löste Kritik bei CDU, SPD, Grünen, FDP, Linken und weiteren aus; nun wird auf Basis der Gemeindeordnung die Abwahl betrieben (ein konkreter Grund ist dafür nicht erforderlich). (DIE WELT)

Mehrere Medien berichten, der Rat wolle zugleich die Rolle der Stellvertretungen auf zwei Posten beschränken – offiziell, um Strukturen zu „straffen“ und das „Ansehen der Stadt“ zu wahren. Politisch hätte das den Nebeneffekt, eine erneute Kandidatur Reinknechts zu unterbinden, selbst wenn sie in einer erneuten geheimen Wahl wieder Stimmen außerhalb der AfD bekäme. (DIE WELT) Damit wird nicht nur ein Ergebnis korrigiert, sondern die Regeln werden nachträglich verändert, um das unerwünschte Resultat künftig auszuschließen. Kritiker sehen darin ein Problem für die Akzeptanz demokratischer Verfahren.

Die Logik erinnert an das politisch motivierte Zurückdrehen einer formal korrekten Wahl – seinerzeit in Thüringen, als Bundeskanzlerin Angela Merkel die Wahl Thomas Kemmerichs (FDP) zum Ministerpräsidenten als „unverzeihlich“ bezeichnete und eine Rückgängigmachung forderte. Das Bundesverfassungsgericht stellte 2022 klar: Merkels Äußerungen verletzten die Chancengleichheit der Parteien und waren verfassungswidrig. Auch in Bad Salzuflen geht es weniger um Verfahrensfehler als um politisches Missfallen am Ausgang einer geheimen Wahl – und um den Versuch, ihn nachträglich zu neutralisieren. (Bundesverfassungsgericht)

Der Fall reiht sich in eine Serie kommunaler Personalentscheidungen ein, bei denen AfD-Kandidaten überraschend in stellvertretende Ämter gelangten – zuletzt Bochum-Wattenscheid (AfD-Politiker Cedric Sontowski als 2. stellvertretender Bezirksbürgermeister). Dort sorgte eine geheime Abstimmung ebenfalls für eine Stimme mehr als AfD-Mandate. (Radio Bochum)

Demokratische Legitimität lebt von klaren Regeln und der Akzeptanz ihrer Ergebnisse. Wer nach einer ordnungsgemäßen, geheimen Wahl nicht nur zur Abwahl greift (rechtlich zulässig), sondern zusätzlich die Struktur des Amtes ändert, riskiert den Eindruck einer Ergebnissteuerung. Das mag rechtlich gedeckt sein – politisch beschädigt es jedoch Vertrauen in die Demokratie.